13.07.2019 Waiblinger Kreiszeitung Sanitätsdienst im Kreis stößt an seine Grenzen
Einsatz-Marathon fürs Ehrenamt: Vier Konzerte in acht Tagen, die Remstal-Gartenschau, die SchoWo und, und, und „Mehr als 15?000 Menschen! Das muss man sich mal vor Augen führen: Da kommen an einem Abend so viele Menschen zusammen, wie in Kernen wohnen“, sagt Heiko Fischer vom DRK Rems-Murr. Der Kreisbereitschaftsleiter plant und koordiniert gemeinsam mit den Fachkräften der Ortsvereine Großveranstaltungen wie Andrea-Berg-Konzerte, SchoWo oder Remstal-Marathon, „wenn an einem Tag eine Kleinstadt feiert. Das sind Veranstaltungen, da passiert einfach was“, weiß Heiko Fischer und Andreas Esters, Leiter der Bereitschaft des DRK Aspach, nickt: „Hitze, Gedränge, Alkohol“ und dazu das „allgemeine Lebensrisiko“.
In den vergangenen Jahren habe es bei Andrea Berg beispielsweise fünf Schlaganfälle gegeben. Ein Arbeiter stürzte nach Konzertende von der Bühne. Weil DRKler nachts vor Ort waren, konnten sie ihn erstversorgen, erinnert sich Andreas Esters, der beim Berg-Konzert die Sanitätsstelle koordiniert, in der Patienten während der Veranstaltungen behandelt werden.
Doch dieses Jahr wird es etwas viel, sind sich Fischer und Esters einig. Am Samstag spielt Pur in der Mechatronik-Arena, es folgt ein Inklusionskonzert und dann singt Andrea Berg am kommenden Wochenende. Vier Großeinsätze für die ehrenamtlichen Helfer binnen acht Tagen. Mehr als 50?000 Menschen werden in Aspach feiern. Ohne die Hilfe des gesamten DRK-Potenzials wäre dieser Aufwand nicht zu meistern, denn parallel sind noch die Plüderhäuser Festtage und in Winnenden ist Citytreff.
Als Kreisverband mit ehrenamtlichen Strukturen auf der Ebene der Bereitschaften ist es nicht einfach, eine solche Dichte an Events mit ausgebildeten Sanitätern abzudecken, denn an den Wochenenden ist auch wegen der Remstal-Gartenschau fast in jeder Gemeinde etwas los und die DRK-Sanitätsdienste sind im Dauereinsatz. Die wenigsten könnten sich vorstellen, wie viel Arbeit – auch Vorarbeit – für Großveranstaltungen notwendig sind, schildert Heiko Fischer. Er und Andreas Esters zeigen das am Beispiel Andrea Berg.
Ehrenamtliche Helfer am Limit
Das Einsatzkonzept orientiert sich an der Infrastruktur vor Ort, Anzahl der Gäste et cetera und folgt einem definierten Algorithmus. Mehr als 50 ehrenamtliche Helfer sind dort über viele Stunden rund um das Stadion im Einsatz, außerdem drei Notärzte. Vier Krankentransportwagen, zwei Rettungswagen und ein Notarzt stehen an den wichtigsten Punkten bereit, um ohne Zeitverlust auf jede Situation reagieren zu können.
Der Stadionbereich, wo mehr als 15?000 Menschen feiern werden, ist in zwei Hälften geteilt, wofür je ein Abschnittsleiter mit zwei Teams zuständig ist. Ein Team steht an der Bühne, die anderen sind an den neuralgischen Punkten stationiert. Medizinisches Gerät, Technik, Antennen und mehr werden im Vorfeld installiert, damit die Funkverbindung jederzeit gewährleistet ist und Einsätze zentral organisiert werden können.
In der Zentrale beobachten und koordinieren DRK, Polizei, Security und Veranstalter das Geschehen. In Falle eines größeren Zwischenfalls, beispielsweise könnte eine Gasflasche explodieren, stehen weitere Kräfte auf Abruf bereit. „Da kriegen wir relativ schnell viele Helfer her“, versichert Andreas Esters und meint nicht nur den professionellen Rettungsdienst. Kreisbereitschaftsleiter Fischer erläutert, das DRK im Kreis könne „im schlimmsten Katastrophenfall in kurzer Zeit 550 Helfer aufbieten“. Entsprechende Pläne sind hinterlegt. Übungen bereiten auf den Ernstfall vor.
Die DRK-Kräfte vor Ort erfüllen eine Puffer-Funktion, damit auch an ereignisreichen Tagen jeder Bürger im Kreis das gewohnte Maß an schneller Hilfe erfahren kann und ein großes Konzert nicht den Rettungsdienst lahmlegt. Darum gibt es seit 2016 ein Sanitätsdienst-Konzept – von Ehrenamtlichen gemeinsam mit dem hauptamtlichen Rettungsdienst und den Leitenden Notärzten konzipiert.
Nach dem Konzert müssen die Wege zum Parkplatz abgedeckt werden. „Das alles ist eine besondere Herausforderung“, sagt Heiko Fischer. Allerdings verfüge das DRK über Erfahrungen, die nötige Ausrüstung und die nötige Anzahl an gut ausgebildeten ehrenamtlichen Helfern, um derlei Einsätze abdecken zu können. Doch während der Gartenschau „sind viele Helfer in ihren Gemeinden gebunden“.
Andere DRK-Kreisverbände helfen
Die Leitungspositionen vor Ort müssen mit erfahrenen und geschulten Kräften besetzt werden, Gruppen-, Zug- und Verbandsführern. Und der Einsatz der Helfer beginnt nicht mit Konzertbeginn und endet, wenn die Boxen aus sind, sondern startet am frühen Nachmittag und endet meist erst spät in der Nacht. Eventualitäten wurden im Vorfeld durchgespielt. Sind Rettungswege versperrt, gibt es einen Plan B. Weil der Einsatzleiter weiß, welcher Trupp wo stationiert ist, können diese ohne Zeitverlust alarmiert werden und ausrücken.
Bei der diesjährigen Fülle an Veranstaltungen sei es aufwendig gewesen, für vier Tage insgesamt 160 Helfer zu finden. „Das läuft bei uns allen nebenher“, sagt Fischer, „neben dem Hauptberuf.“
Daher habe man benachbarte DRK-Kreisverbände um Unterstützung gebeten. Derlei Veranstaltungen seien beliebt bei den Helfern. Insektenstiche, Knochenbrüche, Dehydrierung, psychologische Ausnahmezustände, Herzinfarkte und Schlaganfälle: Dieser Dienst biete die ganze Bandbreite.