20.05.2016 Fellbacher Zeitung Die Küchenchefin schläft im eigenen Feldbett
Ingrid Fink aus Rommelshausen ist seit 50 Jahren beim Roten Kreuz in Kernen aktiv. Von Eva Herschmann
Lange bevor die ersten Kinder und Jugendliche wach werden, herrscht im Küchenzelt schon Hochbetrieb. Ingrid Fink und ihr Team vom Arbeitskreis Kochlöffel bereiten das Frühstück vor. Müsli, Wurst und Käse kommen aufs Büfett, Marmelade und Honig werden auf den Tischen im Essenszelt verteilt. Seit Dienstag sind Mitglieder des Kernener Jugend-Rot-Kreuz im traditionellen Pfingstzeltlager am Hammerschmiedesee in Abtsgmünd, und Küchenchefin Ingrid Fink ist jedes Jahr mit von der Partie. Die 67-Jährige ist eine Institution im Ortsverband. Seit 1966 ist Ingrid Fink Mitglied beim Roten Kreuz, wofür sie im Zeltlager mit einer Urkunde und einem Geschenkkorb geehrt wurde. Sie war Jugendleiterin, 25 Jahre in der Bereitschaft und ist bei der Sanitäter-Truppe für die Verpflegung zuständig.
Zum 60. Geburtstag hat Ingrid Fink von ihren ehrenamtlichen Rot-Kreuz-Kollegen ein Feldbett geschenkt bekommen. Es ist komfortabler als die, in denen die anderen Teilnehmer des Zeltlagers nächtigen. „Jetzt schlafe ich sogar im Zeltlager in meinem eigenen Bett.“ Einen erholsamen Schlaf hat sie sich verdient, denn sie schafft den ganzen Tag. Sie und ihr Team kümmern sich ums Frühstück, ums Mittagessen, um den Kuchen am Nachmittag, das abendliche Vesper und den Teig fürs Stockbrot am Lagerfeuer. Kaffee und Tee wird den ganzen Tag gekocht. „Ich mache hier Aktivurlaub“, sagt Ingrid Fink augenzwinkernd.
Gleich nach dem Frühstück, beginnen die Vorbereitungen fürs Mittagessen. Ingrid Fink rührt in einem 90-Liter-Topf mit Maultaschen in der Brühe herum, der auf einem großen Hockerkocher steht. Die Küche ist perfekt eingerichtet. „Da habe ich mein System“, sagt Ingrid Fink. Neben zwei Hockerkochern gibt es einen Gasherd mit vier Kochstellen. Besteck, Geschirr, Gewürze, Zutaten sind griffbereit, nur zum Wasserholen muss das Team nach draußen. „Wir achten auf Hygiene-Richtlinien, haben ein Spülzelt und für das Hundefutter gibt es sogar einen separaten Kühlschrank“, sagt Michael Filippi, der Kernener Bereitschaftsleiter. Er und die Jugendleiter sind für das Programm verantwortlich, organisieren Stationenspiele rund um Erste Hilfe oder Tretbootfahrten für die Mädchen und Jungen zwischen sieben und zwölf Jahren. Und alle drei Stunden gibt es was zu Essen, sagt Michael Filippi.
In der Küche hat Ingrid Fink das Sagen, und das schon seit 1974. „Mir macht es Spaß in großen Mengen zu kochen, und manches schmeckt auch besser.“ Wie der gemischte Braten, den sie für 65 Teilnehmer der Übung gekocht hat, die immer am Wochenende vor dem Zeltlager stattfindet. Bei dem habe sich die Soße von selbst gemacht, schwärmt Ingrid Fink. So hatte sie Zeit, Weckknödel und das von Hand geschabte Blaukraut zuzubereiten. „Dosenfutter kommt bei uns nicht auf den Tisch“, sagt die Küchenchefin unmissverständlich. Für den Salat zu den Maultaschen hat sie am Vormittag gut 20 Kilogramm Kartoffeln geschält und gerädelt. Wenn, wie neulich, ein Bub verkündet, der Kartoffelsalat sei „oberaffenbärengeil“, strahlt Ingrid Fink.
Neben dem Küchen-, dem Essens- und dem Spülzelt haben die Kernener fünf große Schlafzelte am idyllisch gelegenen Hammerschmiedesee aufgeschlagen. Seit 15 Jahren kommen sie hierher. Familie Hug, die Inhaber des Campingplatzes, halten für sie immer die gleiche Stelle am Ende des weitläufigen Geländes frei. „Wenn wir gehen, reservieren wir schon immer fürs nächste Jahr“, sagt Michael Filippi.
Ingrid Fink wird so lange es geht, als Küchenchefin mit ins Pfingstzeltlager gehen, und in einem der Acht-Personen-Zelte auf ihrem eigenen Feldbett schlafen. Zum 35-Jahr-Jubiläum hat die Küchenchefin einen silbernen Schneebesen bekommen. „Den in Gold gibt es nach weiteren 35 Jahren“, sagt Michael Filippi. Dass sie bis dahin durchhält, sei ziemlich unwahrscheinlich, frotzelt Ingrid Fink. „Mit 100 Jahren wird es langsam mühsam.“ Aber ans Aufhören denkt sie auch noch nicht. „Ich habe das Ganze mit aufgebaut, ich kann es doch nicht einfach sein lassen. So lange ich fit bin und Spaß dabei habe, mache ich weiter.“
Es ist Mittagessenszeit. Sobald die Küchenchefin das Signal gibt, stehen die Hungrigen Schlange. Ingrid Fink schöpft Maultaschen, auf Wunsch vegetarische, und Kartoffelsalat auf die Teller und verkündet. „Zum Nachtisch gibt es selbst gemachten Vanillepudding mit roter Grütze.“
Hintergrund Rot-Kreuz-Übung
Am Übungswochenende vor dem Zeltlager haben neben rund 50 Kernener Rot-Kreuz-Helfern und Mitgliedern der Rettungshundestaffel auch Hundeführer von der befreundeten Rettungshundebereitschaft Stuttgart teilgenommen. Am ersten Tag wurde eine Gasexplosion simuliert, bei der neben acht – geschminkten – Verletzten auch traumatisierte Gäste der Grillparty versorgt werden mussten, wobei einige „Schaulustige“ den Einsatz erschwerten. Am zweiten Tag waren die Suchhunde bei einer Flächensuche gefragt. Sie mussten zehn Menschen einer Wandergruppe finden, die sich im Wald verirrt, besser versteckt hatten. Am dritten und letzten Übungstag wurde ein Stationenlauf mit GPS ausgetragen. Die Teilnehmer mussten Punkte finden und Aufgaben lösen. „Leider hat es fürchterlich angefangen zu regnen, und wir mussten diesen Übungsteil früher abbrechen“, sagt Michael Filippi, der Kernener Bereitschaftsleiter. eha