22.04.2023 Waiblinger Kreiszeitung Herzmassage: auch Hansi Müller übt in Fellbach
Von unserem Redaktionsmitglied Pia Eckstein Rems-Murr Große Veranstaltung in der Schwabenlandhalle: Bei „RemsMurr schockt“ werden auch Laien zu Lebensrettern ausgebildet – inklusive Übung am Defibrillator
Hansi Müller, VfB-Fußballstar a. D. und begeisterter Korber, hat’s schon zweimal erlebt. Zweimal kippte ein Sportsfreund einfach um. Und dann war er tot. „Sekundentod“ , sagt Hansi Müller. Hätte man die Sportler retten können? Niemand kann’s sagen. Die Trauer bleibt. Eins aber ist ganz sicher: Wer im Notfall weiß, was zu tun ist, gibt jenen, deren Leben in Gefahr ist, eine Chance. Und damit ganz viele das Wichtigste über Herzdruckmassage und Defibrillator lernen, gab’s am Freitag, 21. April, eine riesige Veranstaltung in der Fellbacher Schwabenlandhalle. „Rems-Murr schockt – ein Landkreis wird Lebensretter“. Anderen Menschen das Leben retten? Das können auch medizinische Laien Hansi Müller war Profisportler. Profisportler sind ärztlich bestens betreut. Hansi Müller hat’s über die Zeit beibehalten. Regelmäßig geht er zu Vorsorgeuntersuchungen. Das kann Leben retten. Aber eines – eine Sache, die tatsächlich auch immer wieder sehr empfohlen wird – hat er nicht mehr gemacht, seit er seine Führerscheinprüfung abgelegt hat: einen Erste-Hilfe-Kurs. Herzdruckmassage? Defibrillator? Hmmm. Dabei könnte er, wäre er da firm, im Notfall anderen Menschen das Leben retten.
Hansi Müller kennt Dr. Thomas Eul sehr gut. Der Facharzt ist nämlich sein Kardiologe. Der, bei dem er sich immer wieder durchchecken lässt. Ein EKG macht und so weiter. Am Freitagabend checkt Eul allerdings was anderes: Macht Hansi Müller die Herzdruckmassage richtig? Hört er dem Defi auch aufmerksam zu? Dieses Gerät nämlich spricht und leitet den Ersthelfer Schritt für Schritt dazu an, den lebensrettenden Schock am Verunglückten richtig zu platzieren.
Dr. Thomas Eul ist der Begründer des Projekts „Gemeinsam gegen den Herzinfarkt“. 2014 hatte er sich dazu die ersten Gedanken gemacht. Denn immer wieder kam’s vor, dass Menschen, die eindeutige Symptome eines Herzinfarkts hatten, viel zu spät einen Arzt zu Hilfe holten. Eul suchte Mitstreiter. Und war innerhalb kürzester Zeit erfolgreich: 2016 wurde der Verein gegründet, 20 Kardiologinnen und Kardiologen und eine Intensivmedizinerin sind Mitglieder. Viele Aufklärungsveranstaltungen wurden seither im Rems-MurrKreis durchgeführt – „Rems-Murr schockt“ war die neunzigste und größte. Meistens schloss sich an einen Vortrag durch einen Kardiologen eine Übung an, in der die Teilnehmenden an einer Puppe die Herzdruckmassage und die Verwendung eines Defibrillators lernten. Unter Anleitung der Fachleute vom DRK. Mehrere Tausend Menschen haben an den Veranstaltungen teilgenommen. Der Verein besucht nämlich Schulklassen, Unternehmen, Vereine, Kirchen und sonstige Interessierte.
Dank der Veranstaltungen, Vorträge und Wiederbelebungstrainings dieses Vereins konnten die Überlebenschancen von Herzinfarktpatienten im Rems-Murr-Kreis erhöht werden. Die Zeit, bis sich Betroffene mit Herzinfarkt bei der Rettungsleitstelle meldeten, verkürzte sich im Schnitt um 37 Minuten. Die Quote der Wiederbelebung durch Ersthelfer und Helfer vor Ort stieg deutlich an. Und auch an die Defibrillatoren trauten sich Laien deutlich häufiger ran.
376 Defibrillatoren hängen öffentlich zugänglich in den Kommunen im Rems-Murr-Kreis. Dank „Gemeinsam gegen den Herzinfarkt“ gibt’s im Internet eine Karte, auf der alle Defis eingezeichnet sind. Wer will, kann sich schlaumachen. Wer im Notfall einer anderen Person helfen will, wird von der Rettungsleitstelle – 112 – per Telefon zum nächsten Defi gelotst. Dort liegt die Karte nämlich auch vor.
Die Arbeit des Vereins hat im Übrigen auch die Wissenschaft vorangebracht: Zwei medizinische Studien gründen auf den Erfahrungen hier, eine Promotion ist in Arbeit. Die Arbeit von „Gemeinsam gegen den Herzinfarkt“ ist so erfolgreich, dass das Konzept schon von zwölf weiteren Landkreisen übernommen worden ist. Viel Prominenz bei der Veranstaltung; vor allem aber viel Zeit zu üben
Neben Fußballnationalspieler und Europameister Hansi Müller waren auch noch andere Promis in Fellbach dabei: Gesundheitsminister Manne Lucha richtete per Video-Call seine Grüße aus, Wilfried Klenk, Staatssekretär im Innenministerium und überzeugter Rot-Kreuzler, diskutierte mit dem Geschäftsführer der AOK Alexander Schmid, mit Landrat Richard Sigel, mit der Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, mit dem Geschäftsführer der Deutschen Herzstiftung Martin Vestweber, mit dem Geschäftsführer der Rems-MurrKliniken André Mertel, der von 6000 Herzpatienten jährlich spricht. Und natürlich mit dem DRK-Kreisgeschäftsführer Sven Knödler.
Aber ganz ehrlich: Promis sind freilich fein. Viel wichtiger aber war, was an diesem Abend nach den vielen Reden passierte. Da nämlich konnten alle, die da waren und wollten, die Herzdruckmassage und die Verwendung des Defibrillators üben. Natürlich zusammen mit dem DRK. Das heißt: Alle, die da waren und wollten, wurden auch zu Lebensrettern.