23.03.2015 Fellbacher Zeitung Selbst Silvesterknaller landen im Müllsack
Fellbach/Kernen Zu den beiden Markungsputzeten sind am Samstag rund 160 Helfer angerückt. Eva Herschmann und Sascha Sauer
Verkehrte Welt. Dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, liegen Straßenschilder, Silvesterknaller und Glasflaschen auf dem Boden. Auch der Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm zieht etwas Kurioses aus einem Gebüsch: eine Stoßstange, die vermutlich zu einem alten VW Käfer gehört.
Am Samstag war wieder Markungsputzete. In Fellbach trafen sich mehr als 100 Helfer vor der neuen Kelter. Neben alten Bekannten wie dem Stadjugendring, dem Waldkindergarten oder den Fellbacher Jagdpächtern waren auch neue Saubermänner dabei. Erstmals zogen etwa Pfadfinder aus Stetten und eine Gruppe von Geocachern mit Müllsäcken und Handschuhen los.
OB Palm begrüßte das große Engagement, denn: 'Es gibt immer noch Menschen, die nicht wissen, wie man sich in der Natur richtig verhält.' Deshalb würden nicht nur die Weltmeere, sondern auch der Kappelberg vermüllen. Gleichzeitig mahnte das Stadtoberhaupt vor übertriebenem Eifer: 'Es lohnt sich nicht, wegen einer weggeworfenen Dose sein Leben zu riskieren.' Auch der Revierförster Stefan Baranek rückte zum Großputz in der Natur aus. Ihm gefiel, dass sich so viele verschiedene Menschen an der Aktion beteiligten. 'Es ist ein Zugeständnis an die Heimat.' Insbesondere Ausflugsziele, die mit dem Auto angefahren werden können, seien Problemstellen, sagte Baranek. 'Vielen Leuten fehlt einfach die Wertschätzung für die Natur.'
Bei der Markungsputzete beteiligte sich auch Youva Ouazar. Der Flüchtling aus Algerien war einer der engagiertesten Helfer. Alle paar Meter bückte sich der 29-Jährige und sammelte Müll ein. 'Ich möchte der Stadt etwas zurückgeben, weil der Freundeskreis für Flüchtlinge in Fellbach so viel für uns tut', erklärte der junge Mann. Über die vielen Sammler freute sich der Mitorganisator Simon Steuer vom Stadtplanungsamt: 'Wir haben rund zehn Kubikmeter Müll zusammenbekommen.' Für die Helfer hatte das DRK aufgetischt. Zur Belohnung gab es Hot Dogs.
Auch in Kernen wurde in die Hände gespuckt. Annerose Mößner vom Bauamt und ihr Team hatten in einer Halle des Bauhofs alles für die Markungsputzete zurechtgelegt: Müllsäcke, Greifzangen, Handschuhe und Mützen. Die 58 Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die bei der jährlichen Saubermachaktion mitmachten, gingen am Samstag bestens ausgestattet an die Arbeit.
Die freiwilligen Helfer kamen aus den Reihen der Kernener Jugendfeuerwehr, des Jugend-Rot-Kreuzes, des BUND, Nabu und der Interessengemeinschaft Streuobst. Die Jäger aus Rommelshausen und Stetten machten beim Großreinemachen in der Natur ebenso mit sowie die Bewohner der Wohngruppe Amselweg der Diakonie Stetten.
Frühmorgens schwärmten sie, aufgeteilt in kleinen Gruppen, in alle Richtungen aus, um entlang der Bäche, auf Wiesen und am Wegrand einzusammeln, was andere achtlos weggeworfen hatten. Nach etwa drei Stunden Aufräumen in Feld und Flur versammelten sich die Helfer zum Mittagessen - Schnitzel mit Kartoffelsalat - wieder im Bauhof, und Annerose Mößner zog Bilanz der Putzaktion. Mit sieben Kubikmeter Unrat seien in diesem Jahr etwa drei Kubikmeter weniger zusammengekommen als im Schnitt der vergangenen Jahre, sagte die Umweltfachfrau.
Berge von Flaschen seien wie immer dabei gewesen, Plastikmüll und Draht. Aber bis auf einen Fernseher und einen Feuerlöscher, den der Nachwuchs der Feuerwehr am Beibach entdeckte, habe es keine außergewöhnlichen Funde gegeben. 'Es sieht so aus, als sei es draußen tatsächlich ein wenig sauberer geworden.' Allerdings beträfe das nur öffentliche Flächen und Grünzonen denn sie stellten immer häufiger fest, dass Privatgrundstücke im Außenbereich als Müllablade- und Abstellflächen genutzt würden. 'Aber da putzen wir nicht.'